CF SS13

Ethik heute. Fehlt uns ein Wertekompass?

Colloquium Fundamentale im Sommersemester 2013

 

Es scheint als bestünde in unserer heutigen Gesellschaft ein gestiegener 'Ethik-Bedarf': Es gibt heute kaum noch einen gesellschaftspolitischen Bereich, der ohne eine Ethikkommission auskommt. Der Wunsch nach einer unbestechlichen, überparteilichen Instanz, wächst, die darüber befindet, was in Bereichen, in denen ständig neue Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten entstehen, als moralisch geboten, verboten oder erlaubt gelten darf. Früher erwartete man solche Kriterien von den Religionen, heute von der Ethik. Wie geht die Ethik dabei vor? Ist sie mit diesen hohen Erwartungen nicht überfordert? Durch Globalisierung, immer neue Entwicklungen im Bereich der Biotechnik und den Medien wird der Mensch vor immer neue ethische Herausforderungen gestellt. Befasste sich die traditionelle Ethik in der Vergangenheit überwiegend mit der Frage nach dem "höchsten Gut", dem "richtigen Handeln" und der Frage nach der "Freiheit des Willens" sind es heute größtenteils folgende Fragen, die aus ethischer Sicht behandelt werden: Wann beginnt das Leben? Was genau ist die Würde des Menschen? Wie kann ein gerechtes Wirtschaftssystem aussehen und was bedeutet Ethik in der Wissenschaft?

Gerade die Wissenschaft stellt die Menschheit vor große Probleme und ethische Dilemmata. Der Ursprung der Wissenschaft liegt im Streben, die Lage des Menschen zu verbessern. Im Laufe der Geschichte musste jedoch immer wieder festgestellt werden, dass der Fortschritt selbst zum Problem geworden ist. Stichworte wie die Zerstörung und Ausbeutung der Umwelt, Atomwissenschaft und Massenvernichtungswaffen, Gentechnik und Globalisierung, stellen nur einige Schwierigkeiten dar. In einer zunehmend säkularen Gesellschaft, in der Individualisierung groß geschrieben wird, scheint es als finde ein stetiger Verfall von Werten statt. Doch ist dies wirklich der Fall oder sind vielmehr die Herausforderungen an das ethisch-moralische Denken und Handeln gestiegen? Und wie kann die Vermittlung von Werten diesen schwierigen Aufgaben gerecht werden? Im Sommersemester befasst sich das Colloquium mit diesen und weiteren spannenden Fragen der heutigen Ethik.

Konzept und wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Gründungsdirektorin des ZAK

Organisation: Dipl.-Angl. Christine Melcher

Alle Videomitschnitte der Vorträge auf YouTube

Veranstaltungsübersicht

Eröffnungsvortrag: Ethik: Auf dem Weg zu einem Weltethos

25.04.2013 – 18.30 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Eberhard Stilz

 

Eberhard Stilz
Präsident des Staatsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg und Präsident der Stiftung Weltethos

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Interview Radio KIT   | Vortrag auf Youtube  
Radiointerview 1   | Radiointerview 2  

Angesichts immer neuer Skandale und Krisen, die allesamt auch eine ethische Dimension haben, fordern viele Menschen zu Recht mehr Verantwortungsbewusstsein von den Entscheidungs- und Verantwortungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und anderen Bereichen.
Mit der Frage nach Verantwortung ist die Frage nach der inneren Haltung, nach dem Wertebewusstsein der handelnden Akteure gestellt, und dies ist eine Frage, die weit über das Private hinaus geht und gesamtgesellschaftliche Bedeutung hat. Welches aber sind solche Werte, auf die man sich in einer womöglich noch christlich geprägten, vielleicht aber auch weitgehend säkularisierten, jedenfalls multikulturellen Gesellschaft verständigen könnte?
Diese Frage zielt auf das Thema Weltethos, das seit über zwei Jahrzehnten vom Tübinger Theologen Hans Küng und dessen Stiftung Weltethos behandelt wird, deren Präsident der Referent des Abends seit kurzem ist.

 

Ethikkommissionen: Ein kollektives Ersatzgewissen?

16.05.2013 – 18.30 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Jochen Taupitz

 

Prof. Dr. Jochen Taupitz
Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, Universität Mannheim

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Es scheint als gebe es gegenwärtig kaum einen gesellschaftlichen Bereich, der ohne eine Ethikkommission auskommt. Dabei existieren in Deutschland verschiedene Typen von Kommissionen, die das Wort „Ethik“ im Namen tragen. Entsprechend ihren unterschiedlichen Funktionen muss auch ihr Leistungsvermögen differenziert betrachtet werden: Die klassischen Ethikkommissionen beurteilen konkrete Forschungsprojekte, insbesondere in der Medizin, vor ihrer Durchführung auf ihre rechtliche und ethische Zulässigkeit. Sie dienen vor allem dem Schutz der Probanden, aber auch der Absicherung des Forschers gegen eigenes Fehlverhalten. Ethikkonsilien oder Klinische Ethikkomitees beraten Ärzte und Pflegepersonal in Grenzfragen der Behandlung individueller Patienten. „Gesellschaftsorientierte“ Ethikkommissionen wie der Deutsche Ethikrat sollen der Politik und der Gesellschaft Empfehlungen zu ethischen Fragestellungen geben, die die Gesellschaft insgesamt betreffen. Neben den wichtige Aufgaben, die diese Kommissionen meistern sollen, wird im Vortrag auch die Frage thematisiert, ob angesichts der Zunahme solcher Kommissionen eine Abschiebung der gesellschaftlichen Verantwortung auf diese zu verzeichnen ist.

 

Wie viel Ethik kann sich ein Unternehmen leisten?

23.05.2013 – 18.30 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Andreas Suchanek

Prof. Dr. Andreas Suchanek
Inhaber des Dr. Werner Jackstädt-Lehrstuhls für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der HHL Leipzig Graduate School of Management und Vorstandsmitglied am Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik

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Die Frage, wie viel Ethik sich ein Unternehmen leisten kann, scheint den Anspruch der Ethik zu verfehlen. Darf man überhaupt so fragen? Andererseits: Unternehmen stehen im globalen Wettbewerb, und ihre Möglichkeiten, den vielfältigen an sie gerichteten Ansprüchen gerecht zu werden, haben offenbar Grenzen. Wie lässt sich mit diesem Spannungsverhältnis zwischen Ethik und wirtschaftlichen Bedingungen vernünftig umgehen?
Andreas Suchanek stellt Überlegungen vor, die darauf abzielen, ethische Reflexionen und die Bedingungen des unternehmerischen Alltags miteinander zu vereinbaren. Als Richtschnur dient ihm dazu die Goldene Regel in folgender Reformulierung: „Investiere in die Bedingungen der gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil!“

Partei, Interessen, Wahlen: Welche Rolle spielt Ethik in der Politik?

06.06.2013 – 18.30 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Eppler Erhard
Dr. Erhard Eppler

Dr. Erhard Eppler

Bundesminister a.D.
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In zahlreichen Umfragen der vergangenen Jahre ist ein zunehmender Verlust des Vertrauens in die Politik seitens der Bevölkerung zu verzeichnen. Politskandale – seien es Spendenaffären, die kürzliche Amigo-Affäre, oder Plagiatsaffären – tragen ihr Übriges dazu bei das Ansehen der Politik herabzusetzen. Können Politiker heutzutage noch als moralische Vorbilder gelten und welche Rolle spielt Ethik überhaupt noch im undurchdringlichen Politikdschungel?

Ethik in den Religionen. Christliche und islamische Grundlagen

Interreligiöser Dialog am Campus im Sommersemester 2013

04. Juli 2013, 18.30 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5

Im Kontext einer globalisierten Welt wächst der Bedarf nach Orientierung, nach sinnvollen Handlungsanweisungen und Werten. Neben der Philosophie haben sich deshalb auch die Weltreligionen immer wieder um ethische Konzepte bemüht. Was charakterisiert die christliche und die islamische Ethik? Wo gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Können religiös motivierte Ethiken Orientierung für das Handeln in einer immer komplexer werdenden Welt bieten?

 

Podiumsgäste:

Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff studierte Katholische Theologie in Tübingen und Rom, wo er 1978 zum Priester geweiht wurde. Er promovierte bei Alfons Auer mit einer Arbeit über die Tugendethik des Thomas von Aquin und habilitierte sich 1989 mit einer Studie zur frühchristlichen Ethik. 1990 folgte er einem Ruf der Universität Regensburg, seit 1994 lehrt er Moraltheologie in Freiburg. Er ist Herausgeber der Zeitschrift für medizinische Ethik und seit 2001 Mitglied im Deutschen Ethikrat.
Prof. Dr. Harry Harun Behr arbeitete als Grund und Hauptschullehrer an sozialen Brennpunktschulen. 2001 erfolgte die Voll und Teilabordnung in die Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth. 2005 wurde Harry Harun Behr an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Professor für Islamische Religionslehre berufen. Er leitet dort das Interdisziplinäre Zentrum für Islamische Religionslehre. Der Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre liegt auf Fragen der religiösen Selbst- und Weltdeutung jugendlicher Muslime als Kompetenzbereich der Lehr-Lern-Prozesse im schulischen Religionsunterricht. Er ist Herausgeber der Zeitschrift für die Religionslehre des Islam (ZRLI) und Mitherausgeber der Schulbuchreihe Saphir –Religionsbuch für junge Musliminnen und Muslime.

 

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Podiumsdiskussion: Wissenschaft: Zwischen Forschungsfreiheit und ethischer Verantwortung

11.07.2013 – 18.30 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG

Durch Globalisierung sowie immer neue Entwicklungen zum Beispiel im Bereich der Biotechnik und den Medien wird der Mensch vor immer neue ethische Herausforderungen gestellt. Es ist gerade auch die Wissenschaft, die große Probleme und ethische Dilemmata mit sich bringt. Der Ursprung der Wissenschaft liegt unter anderem im Streben, die Lage der Menschen zu verbessern. Zwar profitieren die Gesellschaften vom Fortschritt der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen. Doch musste im Laufe der Geschichte oftmals festgestellt werden, dass der Fortschritt selbst zum Problem wurde. Stichworte wie die Zerstörung und Ausbeutung der Umwelt, Atomwissenschaft und Massenvernichtungswaffen, Gentechnik und Globalisierung stellen nur einige Problembereiche dar. Angesichts immer neuer Techniken, die massiv in das Leben, die Umwelt und die Sicherheit des Menschen eingreifen, wird eine Frage immer lauter: Was darf die Wissenschaft? Braucht die Wissenschaft für eine Balance zwischen Freiheit und Verantwortung einen Rahmen ethischer Standards? Wie kann ein solcher Rahmen aussehen und wer kann und darf diesen festlegen?

 

Dr. Elke Luise Barnstedt

 

 

 

Vizepräsidentin des KIT
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Foto: Michael Stephan
Prof. Dr. Jochen Hörisch
Ordinarius für Neuere deutsche Literatur und qualitative Medienanalyse, Universität Mannheim
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Prof. Dr. Dr. Urban Wiesing
Sprecher Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW), Universität Tübingen Institut für Ethik und Geschichte der Medizin
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Dr. Wolfgang Eppler
Personalratsvorsitzender des KIT
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