Karlsruher Gespräche 2014
Prof. Dr. Edda Müller
Prof. Dr. Edda Müller studierte Neuere Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität München, der Freien Universität Berlin und der École Nationale d’Administration in Paris. Sie promovierte in Verwaltungswissenschaften und ist Honorarprofessorin für Politikwissenschaften an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Seit 2010 ist sie Vorsitzende von Transparency International Deutschland e.V. Von 2001 bis 2007 war Müller im Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. Davor war sie Vizedirektorin der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen; Leiterin der Abteilung Klimapolitik am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH sowie Ministerin für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein. Des Weiteren war sie Ministerialdirigentin im Bundesamt für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit; Mitarbeiterin im Umweltbundesamt; der Planungsabteilung des Bundeskanzleramts sowie der Verfassungsabteilung des Bundesministeriums des Innern. Müller hat sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit Fragen der Umwelt-, Klima- und Verbraucherpolitik sowie dem politischen Interessensausgleich in modernen Demokratien beschäftigt.
Das ZAK bat Prof. Dr. Edda Müller folgende Fragen zu beantworten:
1. Befördert oder behindert die Weltmarktgesellschaft die Erreichung globaler humanitärer Lebensverhältnisse?
Die im Rahmen der WTO vereinbarten Regeln für den weltweiten Handel behindern durch den Schutz vor der Transparenz sozialer und ökologischer Herstellungsbedingungen von Waren humanitäre Lebensverhältnisse.
2. Wie viel Privatheit bleibt uns zwischen staatlicher Überwachung und kommerzieller Profilerhebung und was ist sie uns wert?
Heute droht die Gefahr von ,Big Data‘ dem Normalbürger eher durch die Datensammlung der Wirtschaft und des Finanzsektors für die Erstellung von Risikoprofilen und für Marketingzwecke als durch den Missbrauch privater Daten für staatliche Zwecke. Bürger – vor allem in ihrer Eigenschaft als Verbraucher – sollten lernen, ihre Privatheit aktiv zu schützen.
3. Führt die Weltmarktgesellschaft zu neuen Formen des Menschenhandels oder kann sie eine Chance für die Durchsetzung internationaler Standards für menschenwürdige Arbeitsverhältnisse sein?
Die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsverhältnisse wird – ähnlich wie zur Frühzeit des Kapitalismus in den alten Industriestaaten – von den Arbeitnehmern, von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Kräften in den betroffenen Ländern erkämpft werden müssen. Sie ist insofern Teil eines Demokratisierungsprozesses. Verantwortungsbewusste Verbraucher können und müssen dabei helfen. Eine Reform der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) und mehr Transparenz hinsichtlich der ,inneren Werte‘ von Waren und Dienstleistungen sind dafür allerdings nötig.